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  • here ≠ there : Ein Rücklblick

    here ≠ there : Ein Rücklblick

    Auftakt

    Am 13.11.2025 fand die Premiere der zeitgenössischen Tanzperformance Here ≠ There im Kulturzentrum Pavillon statt. Die Choreografie und künstlerische Leitung lagen in den Händen von Mónica García Vicente.

    Das Premierenkribbeln lag spürbar in der Luft. Ich ging ohne große Erwartungen hinein, wurde aber schon beim Betreten des Saales neugierig: Es war nahezu stockdunkel, nur ein paar Handylichter durchbrachen die Schwärze. In der Mitte der Bühne leuchtete eine „Weltkugel“ und das Publikum wurde eingeladen, die Bühne zu betreten und sich umzusehen. Schnell stellte sich heraus: Die Welt war eine Person, eingehüllt in einen aufblasbaren Überzug in Form der Erde, zusammengekauert auf dem Boden. Was sollte das bedeuten?

    Die Aufführung

    Als alle ihren Platz gefunden hatten, begann die Performance. Die Tänzer Levente Bálint und Davide Sioni betraten den Raum, jeweils mit Smartphones in der Hand. Obwohl sie sich geschmeidig durch den Raum bewegten, wirkten sie gefangen in ihren leuchtenden Bildschirmen. Sie tanzten umeinander, ohne sich wirklich zu begegnen. Ihre Bewegungen wurden zunehmend hektisch, verzweifelt, irritiert – und plötzlich verschwanden die Handys.

    Das Bühnenlicht wechselte in helle Streifen, die Tänzer waren nur noch Silhouetten. Und dann… hörten wir Memes. Wirklich Memes. „Ich muss raus“, „Was ist denn hier los?“, „… I doubt it.“ Ein paar Lacher gingen durchs Publikum. Ein unerwartet witziger Moment. Gleichzeitig wirkten die Tänzer nun, als wären sie in ihren Smartphones gefangen, ihre Bewegungen wirr, fast so, als würden sie ununterbrochen von einem TikTok-Tanz in den nächsten gezappt werden. Die Geräusche kulminierten zum Höhepunkt, bis beide erschöpft zusammenbrachen.

    Als sie einander schließlich bewusst wahrnahmen, versuchten sie, sich die Hand zu reichen, doch jedes Mal zog einer zurück wie ein scheues Reh. Die Spannung dieses „Fast-Berührens“ war so greifbar, dass man am liebsten selbst auf die Bühne gegangen wäre, um die Hände zusammenzuführen. Als es schließlich doch gelang, war die Erleichterung deutlich spürbar.

    Dann erschien eine Sängerin im Zuschauerraum, blickte zur Bühne, wo Davide Sioni wieder an seinem Platz stand und was dann folgte, jagte mir eine Gänsehaut über den Rücken: wunderschöner Operngesang, der wie ein Dialog zwischen Gesang und Tanz wirkte. Für mich der eindrucksvollste Moment des Abends.

    Auch Levente Bálint kehrte zurück. Kriechend, mit einem übergroßen Rucksack in Form der Erde. Er kämpfte damit, sich aufzurichten, bis schließlich beide Tänzer gemeinsam die Last der Welt schultern und sich durch den Raum bewegen. Gegen Ende übernimmt die Sängerin wieder die Rolle der Erde, nimmt den Rucksack an sich und hängt mehrere Handys an Seilen von der Decke. Ihre grellen Bildschirme pendeln wie kleine Sterne im Raum, während die Tänzer um sie herumwirbeln. Ein fast kosmisches Bild. Die beiden blicken zufrieden auf das Szenario, verbunden und offen für die Welt.

    Nachgespräch

    Nach der Performance fand ein dreißigminütiges Publikumsgespräch statt. Ich fand es großartig, wie niedrigschwellig man ins Gespräch kam und wie sehr dabei auch Gewerke wie das Lichtdesign oder Kostüm in den Fokus rückten. Vicente erklärte, dass der zentrale Aspekt des Projekts die Hoffnung sei, wobei dies offen für unterschiedliche Interpretationen sei. Für mich war es die Hoffnung auf echte Begegnung und auf ein bewussteres Wahrnehmen unserer Welt.

    Dass die Erde sowohl am Anfang als Figur als auch später als Rucksack erscheint, wirkt wie ein symbolischer Kreislauf. Wir tragen die Welt mit uns, und sie trägt uns. Die Kostümbildnerin Romina Medrano sagte dazu passend: „Wir sind alle Rucksäcke.“ Wir tragen Emotionen, Probleme, Krisen und Erfahrungen mit uns herum. Doch gemeinsam wird es leichter.

    Im Gespräch wurde außerdem klar: Here ≠ There will nicht gegen Technologie polarisieren. Sie ist Teil unseres Alltags, unseres Lebens, manchmal sogar unserer Körper. Das Gespräch streifte sogar das Thema Cyborgs – nerdig und witzig zugleich, aber überraschend relevant.

    Nachklang

    Wie man merkt, hat mich Here ≠ There gleichermaßen berührt, überrascht und nachdenklich gestimmt. Die Mischung aus Licht, Gesang, Tanz (und die Memes) hat mich begeistert. Wenn ihr Lust habt, euch selbst inspirieren zu lassen, schaut unbedingt in einer der nächsten Vorstellungen vorbei.

    Termine: 

    19./20./25./26. November ab 19:30 Uhr im Kulturzentrum Pavillon 

    01./02. Dezember ab 19:30 Uhr im Theaterhaus Hildesheim

    Künstlerische Leitung / Choreografie – Mónica García Vicente

    Tänzer – Levente Bálint und Davide Sioni

    Musik / Komposition – Melissa Wedekind

    Produktionsleitung – Yara Eid

    Dramaturgie – Carolin Schaefer

    Kostüm – Romina Medrano

    Bühnenbild / Lichtdesign – Kristina Schmidt

    Technik – Fabian Esch

    Social Media / Video – Laura Nicole Viganó

    Grafik – Maïté Müller

    Fotos – Peter Hoffmann-Schoenborn

    Gefördert durch – Landeshauptstadt Hannover Kulturbüro, Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur, Stiftung Niedersachsen, Sparkasse Hildesheim Goslar Peine, Stiftung Edelhof Ricklingen – V. J. V. Der Osten

  • Wie ich tanzverliebt wurde

    Wie ich tanzverliebt wurde

    Als ich ein Kind war, fand ich alles, was “girly” war, abstoßend. Aus irgendeinem Grund hatte ich kein Interesse an Barbies, Kinderschminken oder Basteln. Ich wollte lieber mit den Jungs Fußball spielen (auch wenn ich immer ins Tor gestellt wurde) oder Hütten im Wald bauen. Hätte meine Mutter mich beim Ballett angemeldet, hätte ich wahrscheinlich noch vor dem Eingang einen Sitzstreik veranstaltet. Trotzdem kann ich mich daran erinnern, dass Tanzen mir immer Freude bereitet hat. Alleine in meinem Zimmer habe ich die wildesten Dance Partys veranstaltet. Und wie furchtbar unangenehm war es, wenn auf einmal meine Mutter reingeplatzt ist. Bestimmt kann das der ein oder andere nachempfinden. 

    Die Jahre flossen so dahin und ich habe mich nie im Tanzen ausprobiert. Vielleicht auch, weil ich in einem kleinen Kaff gewohnt habe und die Gefahr jemanden im Studio zu treffen, den ich kannte, zu hoch war. Von meinem geringen Selbstbewusstsein als Teenagerin muss ich gar nicht anfangen. Stattdessen habe ich mich in meinem Zimmer verkrochen und ein Buch nach dem nächsten verschlungen und meine andere große Leidenschaft fürs Schreiben entdeckt. 

    Fast forward! Ich bin circa 18 Jahre alt und entwickle ein aufkeimendes Interesse an Yoga, das mich nicht mehr loslässt. Endlich habe ich das Gefühl, den richtigen Sport für mich gefunden zu haben. Wie oft habe ich es mit Joggen oder High-Intensity-Workouts versucht und mich gefragt, warum ich dieses “Runner’s High“ nicht bekomme, von dem immer alle sprechen. Die einfache Antwort ist: Ich hasse Joggen. Durch Yoga und Pilates habe ich allerdings verstanden, dass ich Bewegungen gerne kontrolliert, langsam und mit Eleganz ausführe. Ich liebe es, meinen Körper und die Anstrengung zu spüren, ohne dass es sich wie Sport anfühlt. Das macht hoffentlich nicht nur in meinem Kopf Sinn. 

    Noch einmal fast forward. Ich bin 25 und mein Fitnessstudio-Vertrag läuft aus. Das Studio habe ich eigentlich nur für die Kurse besucht, nicht für die Geräte. Mir wurde aber klar: ich möchte nochmal was Neues ausprobieren. Also habe ich das Studio gekündigt und – schwupps – mich stattdessen in einem Tanzstudio angemeldet. Einfach so! Hätte das mal jemand meinem 14-Jährigen “Ich” gesagt… sie hätte es vom Hocker gehauen. Ich habe am Anfang in verschiedene Kurse geschnuppert. Dancehall, Hip Hop, Jazz usw. Bei Contemporary und Modern bin ich schließlich hängen geblieben. Und ähnlich wie beim Yoga damals merke ich, dass es mir jedes Mal einen Haufen Freude bereitet. So viel, dass ich jetzt nach gerade einmal 3 Monaten bei der Weihnachtsshow meines Tanzstudios mitmachen werde! Und da ist noch eine Emotion, die sonst nicht sehr oft in mir hochkommt. Stolz. Ich bin stolz darauf, dass ich mich endlich getraut habe. Dass es mir egal ist, ob ich jemanden im Kurs kenne oder nicht oder ob ich Anfängerin bin oder nicht. Natürlich braucht man eine Weile, um mit neuen Menschen warm zu werden. Aber ich denke wir sind letztendlich alle da, um zu lernen und wenn man echtes Interesse zeigt, wird man auch Ernst genommen, egal welches Level.

    Daher mein Appell: Findet heraus, was euch Spaß macht AND STICK TO IT! Geht mehrmals die Woche hin, fangt hier und da Gespräche an, nehmt an Workshops teil und erzählt euren Freunden und Familie von euren Fortschritten. Habt eine breite Brust und denkt nicht zu viel nach. 

    Welches Hobby wolltet ihr schon immer mal ausprobieren?